Sonntag, 7. Januar 2018

Zugang zum Paradies

In den letzten Jahren hatte ich fast immer folgenden Weg zum Garten Eden gewählt: Ich gehe zu meinem Baum und frage ihn um Einlass. Der sagt so gut wie nie nein. Er fragt höchstens zurück: "Wirklich?" Dann kommt der für mich schwierigste Moment: das Eintreten in den Baum. Das geht nicht elegant wie durch eine Türe, sondern ich muss mit meinem ganzen Körper ins Holz hinein. Es ist ein oft etwas ruckliges physisches Verschmelzen. Wenn ich dann mal drin bin, dann geht alles weitere leicht. Über eine gemauerte runde Wendeltreppe steige ich drei Kreise im Gegenuhrzeigersinn nach unten. Dann kommt ein Kellergang mit Türen. Die erste Türe rechts nehme ich selten. Dort sind die kürzlich Verstorbenen. Fast immer klopfe ich mit dem angebrachten metallenen Türklopfer an der zweiten Holztüre an. Es wird von innen her geöffnet, jemand prüft mich kurz und ich kann eintreten. In einem von Fackeln und einer Feuerstelle spärlich erleuchteten Felsenkellerraum hat es einen Tisch an der Wand, an dem eine oder mehrere Gestalten sitzen. Es sind wilde, struppige Gesellen -  Naturwesen - aus einer früheren Zeit. Manchmal wechseln wir ein paar Worte und dann begleitet mich jemand nach hinten in den Raum, der Raum wird zu einem Gang und führt nach draussen auf eine Wiese. Jetzt breche ich meine Landschaftsbeschreibung ab. Je nach Richtung und Fortbewegungsmittel wird es dann sehr vielfältig... Den Rückweg mache ich selten bewusst, sondern ich bin dann einfach plötzlich wieder im "hier und jetzt".

Vor etwa zwei Monaten fing ich mich an diesem relativ komplizierten Baumprozedere zu stören und ich begann neue Techniken zu suchen. Ich fand lange keine Alternative, abgesehen von spontanen anderen Zugängen. Immer dieser Baum! Und fast immer musste es genau diese Birke sein! Es ist eine Birke an einem Weiher im Elsass, welche ich auch in mir drin habe.

Meine Geistführerin konnte vordergründig auch nicht helfen und sie wies mich stur darauf hin, meinen Energiekörper zu trainieren. Sie hat die Tendenz lieber zu befehlen als zu erklären... Ich nenne diese Energiekörper-Übungen Pratyahara - "Magnetisierung" -  und lasse mich dabei stark von Rammurti S. Mishra ("Vollendung durch Yoga", 1974) inspirieren. Im Endeffekt ist es dasselbe was Anouk Clars in moderner Sprache in den Energiefeld-Übungen beschreibt.

Ich liege auf dem Rücken und entspanne mich. Dann ein endloser Bodyscan. Meist beginne ich bei den Füssen und oft schlafe ich bei den Knien bereits ein! Ich will hier nicht die vielen in den Büchern gut beschriebenen Übungen wiederholen. Wichtig ist das Ziel: das innere und äussere Energiefeld prickelt wie mit Kohlensäure versetztes Wasser! Von den Fusssohlen bis zur Kopfhaut und darüber hinaus (äusserer Energiekörper). Das ist ein angenehm belebter Zustand. Er kann auch im Bruchteil einer Sekunde eintreten. Es muss also nicht immer stundenlang geübt werden. Einfach die Schleusen öffnen und sich vom herabstürzenden Wasserfall erfrischen lassen!

Soweit so gut. Aber wo ist nun das Paradies?

Es gibt für mich neben dem Magnetisieren noch eine andere grundlegende Übung: Ich  stehe zwischen Himmel und Erde in Form einer Lichtsäule. Es pulsiert Licht durch mich in beide Richtungen, unterstützt von meinem Atem.

Und dann im Laufe der Zeit geschah folgendes: Ich begann mich selbst rechts vorne, leicht erhöht, hell leuchtend zu sehen. Zudem hatte ich ein Stück Raum, eine Parzelle vom Garten Eden mit dem ganzen drum und dran um mich!
Mittlerweilen ist diese Parallelwelt irgendwo in meiner Nähe und ich kann meine bekannten und neue Räume betreten. Es ist wie ein alter Röhrenfernseher der irgend einen Film zeigt. Wenn ich mich darauf konzentriere, dann wird das Geschehen gross und dreidimensional und ich stehe mitten drin und die normale Welt dampft weg. Das mit der Birke geht immer noch, aber ich habe dieses Ritual in den letzten Wochen kaum mehr gemacht.

Heute war ich mit meiner Frau wieder einmal im Elsass bei der Birke am Weiher. Auf der Fahrt durch den Jura sahen wir etliche vom Sturm umgeblasene Bäume. Es kam mir die riesige Rottanne in den Sinn, welche unweit meiner Birke am Weiher steht und ich machte mir Sorgen um sie. Ich kann mit Tannen nicht so gut kommunizieren wie mit Laubbäumen, aber auch sie hat ihren Platz in mir. Ich war erleichtert als ich sie von weitem unversehrt dastehen sah. In der ganzen weiteren Umgebung war kein einziger Baum umgefallen. Ausser meine Birke! Sie war vom Weiher weg nach Osten über die Waldstrasse gefallen! Es sah aus wie eine weisse Barriere. Oder eine weisse Brücke? Sie war schon tot und ihr Faun war bereits weitergezogen. Die grosse Tanne war dafür recht gesprächig und sie erzählte mir die Hintergründe, welche ich hier nicht ausbreiten will.

Nachdenklich gingen und fuhren wir wieder nach Hause und erleichtert sah ich in meiner Meditation, dass die Birke in meinem inneren Garten immer noch steht. Ein Foto hatte ich aus Pietätsgründen nicht gemacht.

Eigenartigerweise wurde ich nicht traurig wegen der umgestürzten Birke und auch nicht wütend auf die Verursacher, welche die Tanne mir nannte. Ich konnte das ganze einfach zur Kenntnis nehmen und weitergehen. Ich war erstaunt und ein bisschen stolz auf mich.
(07.01.2018)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen