Donnerstag, 8. Oktober 2015

Die Linde und der Regen

Die Rinde der Dorflinde,
sie ist weiss und trocken:
"Nimm ein Schüsselchen,
gib Wasser hinein
und eine Prise Salz.
Mit einem Ästchen vom Haselstrauch rühre die Acht,
bis tief in die Nacht."
Der Zwerg tat wie ihm befohlen
und schlief ein.
Im Traum sprach die Fee zu ihm:
"Tausendmal grösser war das Meer.
Das Wasser ist gegangen,
das Salz ist geblieben."
Der Zwerg wachte auf und
und trank das salzige Wässerlein in kleinen Schlücken.
Dann geht er auf den Berg, ganz nach oben, dort wo die Wolken sind
und nimmt eine Prise Salz in einem Baumwolltüchlein mit sich.
Auf dem Herzen trägt der Zwerg das Salz bis zuoberst auf den Berg.
Dort spricht er zu den Wolken:
"Bitte gebt uns das Wasser zurück!"
Als Geschenk überreicht er das Salz,
streut es in die vier Himmelsgegenden:
Norden, Osten, Süden und dann nach Westen.
Dann bleibt er stehen, schaut, und erwartet den Regen.

Facebook und Co.

Lieber T.,

vielen Dank für dein Email. Wie du siehst, bin ich nicht sonderlich schnell in der Bearbeitung davon...

Am schnellsten erreichst du mich per SMS (xxx xxx xx xx), die "Telefonfunktion" meines Mobiles ist meist ausgeschaltet. Wie in der Firma, dort kommunizieren wir auch immer zuerst per Messenger (Google Hangout, Lync, etc.), bevor wir uns dann auf irgend ein anderes Kommunikationstool (Gespräch via Kabel oder Meeting oder Screensharing oder ...) einigen.

Ein Nachbar von mir ist Kettenraucher. Immer wenn ich ihn husten höre, denke ich, "er lebt noch". Ein anderer Nachbar wischt stundenlang mit dem Reisbesen seinen Vorplatz. Wenn ich ihn wischen höre, denke ich, "er lebt noch". So sehe ich das auch mit Facebook. Wenn ich ab und zu ein Lebenszeichen von jemandem dort sehe, dann denke ich, "der lebt noch". Es ist ein bisschen wie husten auf Distanz. Man kann auch Postkarten schicken oder Emails schreiben.

Früher schrieb ich viel auf Papier und habe Photos (Dias und Negative) gemacht. "Tonnenweise" liegt das Zeugs irgendwo herum. Meine Nachkommen werden eine Schuttmulde bestellen und nach ein paar Stunden ist alles weg. 

Ich bin ein "Internet-Kind" der ersten Stunde und bin sehr froh über all die vielen technischen Möglichkeiten! Alle meine Photos werden von Google gratis für mich gespeichert! Ich schreibe soviel ich mag ins Internet, z.T. "anonym", und kann dann seelenruhig an meinen Texten arbeiten und muss keine Papiere ordnen und muss auch nichts wegwerfen. Manchmal lese ich etwas vor, denn 99% von dem was ich öffentlich schreibe, wird nur von Robotern gelesen.

Die (Internet-) Technik funktioniert bestens für Texte und kleine Photos und kurze Filmchen. Alles andere lässt sich nicht flach drücken! Nicht das Kochen, Malen, Bildhauern, Musizieren, Sprechen, Bewegen, usw.

Reden und Zuhören sind auch so wunderbare Sachen! Das sind ganz andere Dimensionen als das Facebookhusten! Alles mag seine Berechtigung haben, aber was bleibt sind die "Stimmungen", die Momente wo ich mir die Zeit nahm für etwas, wo ich mir soviel Zeit nahm für etwas, dass sich meine Seele mit etwas verbinden konnte. Wenn eine innere Saite - wie Du weisst spiele ich weder Geige noch Gitarre - zu klingen beginnt. Die Resonanz zu den Dingen, den Wesen, den Menschen, das ergibt dann die "Symphonie".

Vielen Dank für Deine Gedanken und man kann nicht genug vor der totalen digitalen Zerstreuung warnen!

Mir kommt gerade in den Sinn, dass wir schon lange von einem Lagerfeuerabend träumen, oben auf dem Col de H.! Wie wäre es mit morgen Freitag gegen Abend? Jetzt darf man sicher wieder draussen Feuer machen, es hat ja geregnet. Ich ruf Dich an, bzw. sende Dir ein SMS....