Freitag, 30. Juni 2017

Osho über das "erleuchtete Bewusstsein"

Kürzlich hatte jemand das untenstehende Zitat von Osho (Bhagwan) im Facebook gepostet. Ich fing dann an, einen kurzen, leicht zynischen Kommentar zu schreiben. Ich mag Osho nicht. Ich weiß zwar nicht viel über ihn, aber irgendwie hatte ich aus der Presse den Eindruck bekommen, dass der geisteskrank war.
Ich schrieb meinen Kommentar nicht fertig, sondern begann sorgfältig von vorn.
Ein indischer Guru kam in den Westen und geriet hier in eine sonderbare Situation. Er sagte ein paar Sätze, die jeder Hindu kennt, und schon waren Massen von Menschen bei uns im Westen gerührt. Schwierige Begriffe aus dem Sanskrit wurden irgendwie auf englisch und von dort auf deutsch übersetzt. Natürlich macht man das schon lange hier. Aber Konzepte wie das "erleuchtete Bewusstsein" tönen nach wie vor sehr blumig und exotisch.
Ich sah einen überforderten, gebildeten Inder mitten in einer fremden Welt mit völlig anderen Glaubensvorstellungen. Er tat mir leid! Ich versucht dann seinen kurzen Text aus der Sicht des Vedanta, so gut ich kann, zu verstehen.
Das Zitat:
"Das erleuchtete Bewusstsein hat keine Antwort. Die Schönheit ist, dass es keine Fragen hat.
All seine Fragen haben sich aufgelöst, sind verschwunden. Die Leute stellen es sich anders vor: sie denken, dass der Erleuchtete auf alles eine Antwort hat. Die Wahrheit ist, er hat gar keine Antwort. Er hat keine Fragen, wie kann er ohne Fragen irgend eine Antwort haben."
OSHO
Meine Antwort:
Mit dem "Bewusstsein" meinte Osho wohl das Chit aus der Vedanta Philosophie, das reine, absolute Bewusstsein im Gegensatz zum empirischen Bewusstsein (Chitta).
Das Chit hat die vier Zustände Wachen, Träumen, Tiefschlaf und Samadhi. Im Samadhi und im Tiefschlaf ruht das Denkbewusstsein in sich selbst.
Ja, im Tiefschlaf und im Samadhi gibt es keine Fragen und Antworten.
Mit dem "erleuchteten Bewusstsein" ist das Chit im Samadhi gemeint. Hier ist es bewusst in sich selbst ruhend.
Im Wachzustand weiss aber auch der Yogi, ob er Hunger hat oder nicht. Keine Frage!
Wie ist doch alles so schön eingerichtet!
Jai Sat Chit Anand
(30.06.2017)

Über das Schauen und die Aufmerksamkeit

Ich esse sehr gerne. Sich etwas Gutes einzuverleiben ist eine so schöne und befriedigende Beschäftigung! Ich bin nachher voll und glücklich und total zufrieden. Schliesslich muss man ja etwas essen. Sonst geht man kläglich zu Grunde. - Ja, ich weiss, es gibt Menschen die am verhungern sind. Im Moment wieder einmal die Leute im Südsudan. Und anderswo. Darüber will ich jetzt nicht schreiben.

Ich kann ja nicht nur essen! Zwischendurch mache ich auch anderes. Z.B. "schauen". Aber auch das ist wie essen.

Das geht so. Ich setze mich hin und schaue mich um. Am liebsten draussen in der Natur. Aber eigentlich geht das überall, selbst wenn ich nicht sitze. Ausser beim Autofahren, da muss ich aufpassen. Sonst wird's zur letzten Fahrt...

Ich sitze also da und schaue mir die Welt an. Das sieht ähnlich aus wie auf einem Photo oder in einem Film. Ziemlich flach. Ich bin stark kurzsichtig, aber trotzdem sehe ich was und das eigentlich dreidimensional. Dass die Welt dreidimensional ist, ist für mich eher eine akademische Spitzfindigkeit. Man sieht dreidimensional, weil man zwei Augen hat, welche nebeneinander in etwa dasselbe sehen.

Ich bin da und schaue und konzentriere mich darauf, dass die Objekte dreidimensional sind. Wenn ich mir z.B. einen Baum ansehe, dann gehe ich geistig um den Baum herum. Ebenso bei der Strassenlampe. Ja selbst die durchsichtige Luft zwischen den Dingen ist dreidimensional.

Das löst bei mir sofort ein eigenartiges Gefühl aus. Ich fühle etwas in meinem Körper, in der Mitte meiner Brust. Ich sage mal im "Herz". Das dreidimensionale Objekt ist jetzt teilweise in meinem Herz! Und das ohne dass ich an "Liebe" oder sonst was gedacht hätte. Nein, ich habe bloss etwas angesehen und habe es räumlich gefühlt.

Ich umarme, umschliesse das Ding. Ich meine, das ist meine Aufmerksamkeit - in meiner Terminologie die Kundalini - welche das Objekt in meinem Herz herumdreht und beleuchtet.

Das kann ich stundenlang machen. Jedenfalls viel länger als essen!

Und was passiert dann?

Ich sitze also da und nehme wahr. Wenn nun diese "reine", "offene" Wahrnehmung etwas anhält, dann bildet sich eine "Verbindung", ein "Erkenntnisstrom ohne Worte und Bilder". Ein Teil vom angeschauten Ding ist dann in mir und bleibt in meinem "inneren Garten". Es ist gegessen und ich werde nicht dick davon 😀. Nur reich!

Von diesem Punkt an kenne ich zwei Wege. Den einen will ich nur kurz erwähnen. Es kann passieren, dass diese Wahrnehmung "ausser Kontrolle" gerät und alles beschreibbare übersteigt. Das sind für mich sehr seltene Geschenke.

Der andere Weg besteht darin, nachdem ich mich verbunden habe, wieder mein Hirn anzustellen und zu versuchen mit dem Ding zu kommunizieren. Da arbeite ich dran...

Jedenfalls ist das "schauen", das "reine wahrnehmen", eine wunderbare, total süchtig machende Erfahrung!

(30.06.2017)